Demenzerkrankte zu Hause pflegen: Was kommt auf mich zu?

Demenz Pflege durch Angehörige: Soll und kann ich Menschen mit Demenz zu Hause pflegen? Hier erfahren Sie, was Sie erwartet und was Sie berücksichtigen sollten.
Menschen mit Demenz können auch zu Hause gepflegt werden. Das hat zum einen natürlich große Vorteile: Der Demenzkranke bleibt in der gewohnten Umgebung. Für alte Menschen ist die Wohnung oder das eigene Haus ein Ort, mit dem Sie Erinnerungen aus vielen Jahrzehnten verbinden. Dort finden Sie sich oft noch viele Jahre lang auch mit fortschreitender Demenz gut zurecht.

Zudem ist im frühen bis mittleren Stadium der Demenz noch keine Vollzeit-Betreuung notwendig. Ehepartner oder andere Familienangehörige entscheiden sich deshalb in vielen Fällen dafür, die Pflege zunächst selbst zu übernehmen.

Wie lange zu Hause pflegen?

Auf der anderen Seite muss zu Hause aber auch eine umfassende und angepasste Pflege gewährleistet sein. Bei zunehmendem Verlust an körperlichen und geistigen Fähigkeiten steigt auch der Pflegebedarf. Diesem muss man zeitlich, körperlich und psychisch gewachsen sein. Professionelle Pflegeangebote können den wachsenden Bedarf abfangen, können aber irgendwann den finanziellen Spielraum überschreiten.
Hier erfahren Sie, welche Fragen Sie sich stellen sollten, bevor Sie sich für oder gegen die Pflege eines Angehörigen entscheiden.

Demenz Pflege zu Hause: Diese Punkte sollten Sie bei der Entscheidung berücksichtigen

Welche Pflegemaßnahmen nötig sind, hängt von vielen Faktoren ab. Das Stadium der Demenz, weitere Begleiterkrankungen und der individuelle Krankheitsverlauf spielen eine Rolle. Beraten Sie sich dabei vorab am besten ausführlich mit der ganzen Familie, mit Pflegeberatern oder speziellen Demenzberatern oder dem Arzt.
Nur so können Sie abschätzen, ob eine längerfristige Pflege zu Hause für Sie in Frage kommt. Die folgenden Punkte sollten Sei bei Ihrer Entscheidung bedenken und vorab klären.

Eignen sich das Zuhause und die Lebensumstände für eine häusliche Pflege?

Es gibt viele verschiedene Lebenssituationen und familiäre Konstellationen. Vielleicht möchten Sie Ihren Ehepartner pflegen und mit ihm oder ihr so lange wie möglich gemeinsam zusammen in Ihren eigenen vier Wänden leben. Vielleicht ist auch ein Elternteil betroffen. Oder Sie möchten die Großmutter pflegerisch unterstützen, die alleine lebt.

Wenn Sie sich überlegen, Ihren Angehörigen zu Hause zu pflegen, dann sollten Sie zunächst mit Ihrem Hausarzt oder dem behandelnden Facharzt oder entsprechenden Beratungsstellen sprechen. Dabei sollten Sie verschiedene Fragen klären:

Zur Sicherheit kann unter anderem gehören, elektrische Geräte zu sichern, Stolperfallen zu entfernen und im späteren Stadium zu verhindern, dass Ihr Angehöriger unbemerkt das Haus verlassen kann. Die Versorgung mit Lebensmitteln und die Kontrolle vorhandener Lebensmittel muss gewährleistet sein, da Menschen mit Demenz oft nur noch schlecht einschätzen können, wie lange etwas schon im Kühlschrank liegt und ob es noch verzehrfähig ist.
Zudem sollten Sie sich überlegen, ob Ihr Angehöriger sich auffällig verhält und ob alle Menschen unter Ihrem Dach und auch die Nachbarn damit zurechtkommen. Manche Menschen mit Demenz sind zum Beispiel oft nachts wach, können phasenweise laut oder aggressiv reagieren oder wandern ziellos herum.

Am besten lässt sich eine Pflege umsetzen, wenn sich mehrere Menschen die Verantwortung teilen. Ehepartner, Kinder, Enkel, Freunde und Nachbarn kommen dafür in Frage, aber auch ehrenamtliche Helfer, ambulante Pflegedienste oder eine selbst bezahlte Putzhilfe.

Ein Mann hält eine Waage mit zwei Waagschalen als Symbol für die Entscheidungsfindung

Einstellen auf nötige Pflegemaßnahmen

Im Verlauf der Erkrankung können unterschiedliche Pflegemaßnahmen nötig werden 1. Sie sollten sich deshalb vorher damit beschäftigen, was zur Pflege alles dazugehört. Nicht jeder Mensch kann eine solche Unterstützung auf Dauer psychisch, körperlich, emotional leisten. Seien Sie also ehrlich zu sich selbst. Wer psychisch eher labil, generell wenig belastbar ist oder körperliche Einschränkungen hat, für den wird die Pflege möglicherweise zu belastend. Auch wenn Sie in Vollzeit berufstätig sind und die Pflege nebenher übernehmen möchten, kann das unter Umständen eine zu große Doppelbelastung werden.

Das kann auf Sie zukommen: Sie müssen die Ernährung und Flüssigkeitszufuhr überwachen. Wenn nötig, helfen Sie beim Einkaufen, Kochen und Essen. Bei fortschreitender Demenz müssen Sie auch beim Waschen helfen und für saubere Kleidung sorgen. Haushalt, Wohnräume und Betten müssen sauber gehalten werden. Zudem sollten Sie dafür sorgen, dass Ihr Angehöriger möglichst weiter am Sozialleben teilnimmt. Sie sollten also weiterhin – wenn möglich – Spaziergänge, Ausflüge und andere Aktivitäten machen oder Freunde einladen.

Wägen Sie also genau ab, ob Sie das leisten können und wer Ihnen dabei zuverlässig und langfristig hilft.

Vorausdenken und für die Zukunft planen

Jeder Mensch mit Demenz ist anders:

  • Welche Stärken hat Ihr Angehöriger?
  • Worin ist er noch fit, was kann er noch gut?
  • Was lässt sich durch eine Ergotherapie oder andere Maßnahmen fördern?
  • Wie können Sie Ihren Angehörigen dabei unterstützen, Dinge noch möglichst lange selbst zu erledigen?

Besprechen Sie diese und ähnliche Fragen am besten mit Pflegeberatern, Ihrem Arzt oder erfahrenen Mitarbeitern einer Sozialstation. Mit ausreichender Förderung lassen sich Fähigkeiten oft noch über einen langen Zeitraum erhalten.
Informieren Sie sich aber für den Notfall auch jetzt schon über Heime und Betreuungsmöglichkeiten in der Nähe. Wenn im Spätstadium einer Demenz eine 24-Stunden-Pflege notwendig ist, dann ist das in den meisten Fällen zu Hause nicht mehr umsetzbar – allein schon aus finanziellen Gründen.

Über Hilfsmöglichkeiten informieren

Im frühen und mittleren Stadium der Demenz ist eine Pflege daheim sehr oft noch vergleichsweise einfach machbar. Aber auch später ist ein Umzug in ein Heim nicht zwangsläufig nötig. Informieren Sie sich vorab bereits über alle Hilfsmöglichkeiten, die Ihnen zustehen und die Sie nutzen könnten. Welche das sind, kann ganz unterschiedlich sein.

Studien zeigen, dass Hilfsangebote oft nicht bekannt sind, oder nur unzureichend genutzt werden 23. Fragen Sie deshalb aktiv nach, zum Beispiel beim Hausarzt, Facharzt, Selbsthilfegruppen, Beratungsstellen oder Ihrer Krankenkasse.

Folgende Unterstützungsmaßnahmen können unter anderem in Frage kommen:

  • Ambulante Pflegedienste und Sozialstationen, die regelmäßig ins Haus kommen
  • Individuelle Demenz-Beratungen, Gedächtnissprechstunde, Vorträge und Angehörigenschulungen
  • Behandlung, Rat und Information vom Arzt
  • Ehrenamtliche Helfer („Nachbarschaftshilfe“)
  • Regelmäßige oder gelegentliche Nutzung von „Essen auf Rädern“
  • Selbst bezahlte oder mit dem Pflegegeld finanzierte Putz- oder Haushaltshilfe
  • Betreuungsgruppen für Menschen mit Demenz und andere teilstationäre Angebote (Tagespflege, Nachtpflege)
  • Kurzzeitpflege während eines Urlaubs oder Krankheit
  • Ein betreuter Urlaub gemeinsam mit dem demenzerkrankten Angehörigen
  • Angebote von Demenz-Selbsthilfegruppen für gemeinsame Aktivitäten
  • Ergotherapeutische Maßnahmen
  • Psychotherapeutische Gespräche für Menschen mit Demenz (zum Beispiel zur Hilfe bei der Krankheitsbewältigung, als Kommunikationstraining oder zur Erhaltung der sozialen Kompetenz) oder für Angehörige (zur besseren Bewältigung der Erkrankung und Belastung).

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Finanzielle Fragen klären

Geht es darum, einen Angehörigen selbst zu pflegen, sind immer auch finanzielle Fragen zu klären. Der Umfang der gesetzlichen Leistungen deckt nicht immer den vollständigen Bedarf ab. Besprechen Sie also vorher mit Ihrer Familie, was machbar ist.

  • Welche Leistungen stehen Ihnen zu?
  • Welche Rücklagen hat der Mensch mit Demenz und ist er willens, diese auszugeben?
  • Gibt es die Möglichkeit, eine Haushaltshilfe oder Essen auf Rädern selbst zu bezahlen?
  • Sollte eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung notwendig werden, sollten Sie ebenfalls vorab durchrechnen: Können Sie diese finanzieren oder würde dann ein Umzug in ein Heim anstehen?

Die positiven Seiten der häuslichen Pflege sehen

Bei allen Überlegungen sollten Sie aber auch die positiven Seiten nicht vergessen. Es gibt ein gutes Gefühl und macht Freude, anderen zu helfen. Ganz besonders dann, wenn es sich um Familienangehörige oder den eigenen Partner handelt. Die Sorge und Pflege kann außerdem dazu führen, dass Sie besonders eng mit Ihrem Angehörigen zusammenwachsen.

Auch wenn die Beziehung sich unweigerlich stark verändert, lässt sich jede Phase der Demenz auch verschönern und mit Freude erleben, wenn man flexibel und humorvoll mit der Situation umgeht.
Sollten Sie sich also dafür entscheiden, Ihren Angehörigen selbst zu pflegen, dann gehen Sie mit Mut, Freude und Zuversicht an die Aufgabe heran. Bereiten Sie sich bereits vorab bestmöglich auf alle Eventualitäten vor, damit Sie später entspannter damit umgehen können. Wir empfehlen Ihnen außerdem unseren Artikel: „Angehörige von Demenzkranken: So achten Sie auf sich selbst“.

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Was tun, wenn sich die Pflege zu Hause nur schwer umsetzen lässt?

Sprechen Sie mit allen Beteiligten durch, was machbar ist und was Sie über eine längere Zeit leisten können und wollen. Ein schlechtes Gewissen, muss niemand haben, der sich eine Pflege nicht zutraut oder für den sie aufgrund äußerer Umstände nicht machbar ist.

Im Gegenteil: Wenn gute Gründe gegen die Pflege durch Angehörige sprechen, dann kann die Entscheidung für eine ambulante Pflege, eine teilstationäre Pflege oder eine Pflege im Altenheim, in einer Wohngruppe oder in einer anderen Einrichtung für alle Seiten die beste Lösung sein. Sie können sich auch in diesem Fall in die Betreuung mit einbringen und bei regelmäßigen Besuchen verschiedene Dinge übernehmen, für die dem Pflegepersonal nur wenig Zeit bleibt. So können Sie Ihre Zeit intensiv als „Qualitätszeit“ für Ihren Angehörigen nutzen.

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  1. Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde e.V. (DGPPN): Leitlinie „Demenzen“. Langversion, Januar 2016.[]
  2. P.A.u.S.E – Pflegende Angehorige Demenzerkrankter und ehrenamtliche Betreuungspersonen gemeinsam schulen zur Steigerung der Inanspruchnahme von Entlastungsangeboten. Abschlussbericht 2015. Projektleitung Prof. Dr. habil. Gesine Grande und Prof. Dr. Astrid Sonntag, Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig[]
  3. Initiative Demenzversorgung in der Allgemeinmedizin (IDA): IDA-Studie eröffnet Perspektiven für zukünftige Versorgungsforschung. Hauptergebnisse der Studie – zweite, aktualisierte Auflage, 2010.[]

Bildquellen

  • Eine Waage: Vor- und Nachteile von häuslicher Pflege: Billion Photos | Shutterstock.com

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